Jung trifft Alt - Kindergarten der Zukunft?
Gleich am Morgen zieht eine Kinderschar singend durch das Pflegezentrum und begrüßt die betagten Bewohner mit einem Lied. Wenig später liefern die Kleinen mit dem „Kindertaxi“ genannten Leiterwagen die Hauspost zu den Bewohnern. Hat jemand Geburtstag, gibt es ein fröhliches Ständchen und ein selbst gebasteltes Geschenk. Die Kinder brauchen nicht weit gehen: Ihr Kindergarten bildet sozusagen das Herz des „Wie daham“-Generationenparks Welzenegg.
Neben täglichen gemeinsamen Ritualen gibt es auch viele andere Möglichkeiten der Gemeinschaft: beim Kochen, Backen, Basteln, Spielen, Tanzen, im Rahmen von Festen im Jahreskreis, bei Ausflügen oder einfach beim spontanen Aufeinandertreffen am Gang oder im Garten. Besonderer Beliebtheit erfreut sich der Generationenchor, bei dem Kinder, Senioren und Mitarbeiter zusammen singen.
Wenig Berührungsängste
Zwangsverpflichtet zur Gemeinsamkeit wird niemand – weder Jung noch Alt. Die Kinder haben ohnehin meist wenig Berührungsängste. Höflichkeit und Hilfsbereitschaft lernen die Kindergartenkids spielerisch im täglichen Miteinander. Sinnvolle Einrichtungen helfen dabei – wie etwa ein Zebrastreifen, der die Kinder dazu anhält, beim Überqueren des Ganges nach links und rechts zu schauen, um auf querende Damen und Herren mit Gehhilfen zu achten! Auf natürliche Weise bekommen die Kinder so ein ganz eigenes Bild vom Alter vermittelt.
Win-Win-Situation für alle Beteiligten
Der Nutzen des Generationenparks ist überall spür- und erlebbar. Für die 79-jährige Frau R. gibt es nichts Schöneres, „als wenn die Kleinen da sind und ich ihnen beim Spielen zusehen kann“. Maßgeschneidert ist das Konzept des „Wie daham“-Generationenparks Welzenegg auf die Bedürfnisse von Frau W. zugeschnitten. Sie hat ihre pflegebedürftige Mutter im Heim und ihre Tochter im Kindergarten untergebracht. Morgens, beim Hinbringen der Tochter, kann sie ihrer Mutter „Guten Morgen“ sagen, und wenn sie abends nach der Arbeit die Kleine abholt, trifft sie diese meist bei der Oma wartend an … eine klassische Win-Win-Situation für alle Beteiligten!
Nicht allerorts lässt es sich machen, dass unmittelbar bei einem Pensionisten- oder Pflegheim ein Kindergarten gebaut wird. Gemeinsam verbrachte Zeit ist trotzdem möglich, wie Gerlinde Zebrowski, Koordinatorin der Generationenprojekte im Agnesheim in Klosterneuburg, betont. „Bei uns finden mehrmals jährlich Generationentage statt – sie hinterlassen bei Jung und Alt positive Eindrücke!“
Die Zeiten, in denen Alt und Jung für gewöhnlich unter einem Dach gewohnt haben, sind lange vorbei. In den Köpfen der Kinder und Senioren leben sie an den Generationentagen aber wieder auf. Da wird gemeinsam gegessen, gespielt, gebastelt und miteinander geredet. Die Kleinen erfahren zum einen, dass es Menschen gibt, die noch schwächer sind als sie. Zum anderen können ihnen die alten Menschen aber sehr viel Lebensweisheit mitgeben und auch in praktischen Dingen wie Basteleien helfen. So lernen sie soziale Kompetenz von Anfang an.
„Kinder sind die Zukunft!“
Generationenkindergärten verbinden Vergangenheit und Zukunft auf einzigartige Weise. Gerlinde Zebrowski ist von dem Projekt überzeugt, das vielerorts in Österreich in ähnlicher Art und Weise durchgeführt wird. Als Koordinatorin der ehrenamtlichen Arbeit im Agnesheim weiß sie um die Wichtigkeit der generationenübergreifenden Begegnungen und appelliert: „Überlegen Sie bitte, ob es Ihnen möglich wäre, im Rahmen eines ehrenamtlichen Besuchsdienstes gemeinsam mit Ihren Kindern im Agnesheim in Klosterneuburg oder in einem anderen Altersheim einmal wöchentlich alte Menschen zu besuchen.“ „Eine gute Idee, weil die Kinder erstaunlich neugierig sind“, bringt ein 80-jähriger Bewohner des Klosterneuburger Hauses die Faszination der gemeinsamen Treffen auf den Punkt. Nachsatz: „Ich mache überall gerne mit, da weiß ich, dass ich noch lebe!“ Und eine alte Dame fasst in vier Worten zusammen, warum sie von dem Generationenprojekt so begeistert ist: „Kinder sind die Zukunft!“
Kreativität als Brücke zueinander Generationenkindergärten verbinden Vergangenheit und Zukunft.
Text: Roswitha Wurm