"Vater-Mutter-Kind": Die Bedeutung des Rollenspiels
Ob „Vater-Mutter-Kind“ oder das eigene kleine Gasthaus ins Leben gerufen wird: Rollenspiele sind ein wesentlicher Bestandteil der kindlichen Entwcklung.
Mit wenigen Hilfsmitteln wie selbst gebastelten Hüten oder Utensilien aus Mamas Kleiderschrank ist im Handumdrehen eine Spielsituation geschaffen. Dabei greifen Kinder spielerisch Themen auf, die sie gerade besonders beschäftigen oder sie imitieren typische Situationen aus dem Familienleben. So kann ein Arztbesuch den Ausschlag geben, den Teddybär liebevoll zu umsorgen oder die Puppe auf Herz und Nieren zu untersuchen. Rollenspiele geben einen Einblick in das Erleben von Kindern und spiegeln Erwachsene auf treffende und manchmal sehr amüsante Art und Weise.
„In die Rolle hineinwachsen!“ - in welchem Alter beginnen Rollenspiele?
Rollenspiele sind für das Kindergarten- und Vorschulalter eine sehr typische und häufige Form des Freispiels. Die ersten Rollenspiele setzen etwa im Alter von drei Jahren ein. Voraussetzung für die Fähigkeit in andere Rollen zu schlüpfen ist eine altersentsprechende kindliche Entwicklung. So will eine Handlung will überlegt werden, die Sprachentwicklung muss soweit gediehen sein, dass sich die SpielgefährtInnen unterhalten können, und Durchhaltevermögen ist ebenfalls ein entscheidender Faktor. Spätestens mit vier Jahren spielen dann fast alle Kinder vertieft ihre Rollenspiele. Rund um den fünften Geburtstag kommt eine großartige Fähigkeit der Kinder hinzu, die komplexe und länger andauernde Rollenspiele möglich macht. Fünfjährige können ihr Spiel bereits zu Beginn planen und parallel zueinander verlaufende Handlungsstränge entwerfen. Auch die Sprachentwicklung ist soweit gereift, dass der Ablauf ausführlichst besprochen werden kann und Diskussionen darüber entfachen, wer letztlich mitspielen und welche Rolle verkörpern darf.
„Eine große Rolle spielen“ - Was lernen Kinder beim Rollenspiel?
Mit „anderen Augen“ sehen: Im Rollenspiel setzt sich das Kind oftmals mit der Welt der Erwachsenen auseinander. Dadurch entwickeln Kinder auf eine spielerische Art Verständnis für die Welt der Großen, ihre Aufgaben und Rollen im täglichen Leben. Du bist der Papa , ich spiel die Mama und Teddy muss das Baby sein. Im Rollenspiel wird Sozialverhalten geübt. Einfühlungsvermögen, Kompromissbereitschaft und Toleranz werden spielerisch erfahren und gelernt. Zuerst müssen Kinder die Rollenverteilung absprechen und sich über den Verlauf der Handlung einig werden. Oft stellen diese Vorbereitungen schon einen großen Teil des Spieles dar. Eigene Ideen und Vorstellungen zu entwickeln, in eine Gruppe einzubringen und durchzusetzen wird ebenso geschult wie die Bereitschaft andere Vorschläge gelten zu lassen und Kompromisse zu schließen.
„Im Spiel“ - Kinder stellen Spielregeln auf.
Damit das Spiel beginnen kann, werden von den kleinen ProtagonistInnen meist viele Regeln aufgestellt. Diese einzuhalten ist nicht immer ganz einfach und muss geübt werden. Kinder machen aber die Erfahrung, dass das Spiel besser gelingt, wenn die vereinbarten Regeln befolgt werden. Je jünger die Beteiligten sind, umso notwendiger kann es sein, dass sich die Eltern oder PädagogInnen als Spielpartner zur Verfügung stellen. Später können sie sich dann aus dem Spiel zurückziehen und älteren Kinder diese Aufgaben überlassen.
„Teddy hat ein Schokomaul!“
Das Rollenspiel hilft dabei, Erlebnisse zu verarbeiten und Ängste abzubauen. Vieles was Kinder erlebt haben, versuchen sie im Rollenspiel dazustellen. Sie wählen den kreativen Weg der Verarbeitung. Auf diesem Weg geben Rollenspiele so manchen Einblick in die kindliche Erlebniswelt und spiegeln mitunter wider, welche Sorgen und Nöte die Kinder gerade beschäftigen. Das Rollenspiel bietet gute Gelegenheit, innere Konflikte auszuleben. Kinder lieben es zum Beispiel, unartige Persönlichkeiten zu mimen oder verbotene Dinge spielerisch darzustellen. „Im Spiel“ schimpfen sie wie Rohrspatzen oder Teddy nascht zu viel vom imaginären Schokopudding. Gleich darauf werden sie in die Rolle der Mutter schlüpfen und den unfolgsamen Bären wegen seines verschmierten Schokomauls zur Rede stellen.
"Bin ich ein böser Zauberer?"
Regie und Rollenbesetzung: Erwachsenen fällt es oft schwer, mit verstellter Stimme zu spielen oder als wildes Tier unter Fantasiebäumen Beute zu verschlingen. Kinder sind begeistert, wenn sie trotzdem versuchen in ihr Spiel einzusteigen: Köstlichkeiten aus der Puppenküche probieren, im Kaufmannsladen einkaufen oder einen Brief auf die Kinderpost bringen. Meist führt das Kind Regie, aber es gibt Gelegenheiten, da können Erwachsene auch einmal ein Spiel vorschlagen und so spielerisch auf eine neue Situation vorbereiten. Dann übernehmen sie zum Beispiel den Part der freundlichen Kinderärztin und spielen schon zu Hause durch, was in der Arztpraxis tatsächlich passieren wird. Das Schönste und Wichtigste, was Erwachsene ihrem Kind schenken sollten, ist Zeit für die Entfaltung ihrer Spielideen und für die größte Rolle ihres Lebens: Kind sein!
Katharina Wallner