Recht auf Zuwendung
Zwei Mütter unterhalten sich in der U-Bahn. Im Kinderwagen, mit dem Rücken zu den Müttern, sitzen zwei kleine Kinder. Nach einer Viertelstunde fängt eines der Kinder zu weinen an. Als die Mutter nicht reagiert, verstärkt es wütend die Lautstärke. Als auch das nichts nützt, schluchzt es verzweifelt und resigniert vor sich hin.
Darf man sich einmischen?
Ein Fahrgast fragt:: „Merken Sie nicht, dass Ihr Kind weint? Warum tun Sie nichts?“ Antwort: „Die weint nur aus Wut und Langeweile“ - „Wahrscheinlich braucht sie etwas Ansprache!“ – „Wissen Sie was? Das geht Sie überhaupt nichts an. Mischen Sie sich nicht ein!“
Ein Recht auf Zuwendung
Mir tut das Herz weh. Die Mutter hat wohl richtig erkannt: Wut und Langeweile. Aber ist das nicht verständlich? Hat ihr Kind kein Recht auf Zuwendung? Es kann seine Mutter nicht einmal anblicken, weil sie hinter ihm steht. Wären nicht auch Sie frustriert, wenn Sie demonstrativ und wiederholt ignoriert werden? Zuwendung und Aufmerksamkeit sind zwei grundlegende kindliche und menschliche Bedürfnisse. Wer zu wenig davon bekommt, wird unsicher, verhaltensauffällig, „gestört“.
Wärme und Freundlichkeit kosten weder Zeit noch Geld
Was wäre dabei gewesen, den Kindern von Zeit zu Zeit einen Blick und ein Lächeln zu schenken, ein Wort der Ermunterung zu sagen, kurz zu unterbrechen, um danach den Dialog mit der Freundin fortzuführen? Sich freundlich abgrenzen, wenn das Kind zu fordernd werden sollte, kann man immer noch.
Kaltschnäuzige Behandlung ist seelische Grausamkeit
So aber erfährt das Kind: „Du kannst tun was du willst, ich schau dich nicht einmal an!“ Ist das nicht grausam? Wie soll sich da ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und das Gefühl, wichtig und angenommen zu sein? Solch kleine Szenen seelischer Grausamkeit können, aneinander gereiht, schwere Störungen verursachen.
Geht uns das was an? Ich denke schon! Haben Sie den Mut, Kritik wertschätzend zu äußern. Mit Maß und Ziel. Zivilcourage ist gefragt.
Mag. Maria Neuberger-Schmidt - www.elternwerkstatt.at