Das Rollenklischee
„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel“
Tanzreigen im Kindergarten. Erika, 5, wird von Tanja zum Tanz aufgefordert, steht freudig lächelnd auf und geht auf sie zu. Da sagt Lukas, ihr bester Freund: „Nein, du tanzt nur mit mir!“ Erika erstarrt und kehrt zu ihrem Platz zurück. Zu Tanja: „Nein, ich mag jetzt doch nicht tanzen!“
Kinder nicht in Rollenklischees hinein drängen
Lukas und Erika verkörpern anscheinend in dieser Szene ein Rollenklischee nach alten Mustern. Woher haben sie das? Darüber ließe sich lang diskutieren. Wenn Erwachsene kleinkindliches Besitzdenken leichtfertig mit Etiketten wie „Matcho“ versehen, dann sind gerade wir es, welche die Kinder in die entsprechende Richtung lenken. Dies umso stärker, wenn wir uns vielleicht im Beisein der Kinder darüber amüsieren. Wie kann nun die Mutter Erika zu einer selbstbewussten, emanzipierten Frau erziehen? Soll sich die Mutter gar nicht einmischen? Oder dem Mädchen sagen, dass sie sich so etwas nicht gefallen lassen soll?
So können Eltern die Persönlichkeit stärken
Die Mutter kann sich die Szene von ihrer Tochter schildern zu lassen. Dabei sollte sie Erika weder etwas einreden noch ausreden, sondern ihr helfen, sich ihrer Gefühle und Wünsche bewusst zu werden, um sie in die Lage zu versetzen, das zu tun, was sie wirklich will. Die Mutter kann die Persönlichkeit ihrer Tochter stärken durch aktives Zuhören und indem sie ihr hilft, laut nachzudenken, Dinge zu hinterfragen und eigene, für sie passende Lösungen zu finden, ob sie nun der Weltsicht der Mutter entsprechen oder nicht. Passende Fragen oder „Spiegelungen“ könnten lauten: „Du hättest wohl auch gerne mitgetanzt...“ „Zuerst hast du dich richtig gefreut, dass dich die Tanja ausgewählt hat zum Tanzen, doch dann hat der Lukas das nicht wollen…“ „Du wolltest ihn nicht kränken, da hast du lieber aufs Tanzen verzichtet…“ „Findest du es richtig, dass er dich nur für sich allein haben möchte?“ Auch mit Lukas wäre ein ähnliches Gespräch zu führen.
Eigene Erfahrungen machen lassen
Lassen wir unsere Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen, unabhängig von Ideologie und Rollenklischees. Akzeptieren wir, dass sie auch Entscheidungen treffen, die uns nicht behagen, aber lassen wir sie dabei nicht allein! Für viele Dinge braucht man eine gewisse Reife, und das braucht Zeit. Je mehr Eltern dies akzeptieren, je weniger sie ihr Kind drängen, umso nachhaltiger ist der Erfolg und umso größer der Respekt, der zwischen ihnen wächst.
Mag. Maria Neuberger-Schmidt
www.elternwerkstatt.at